Fire as an agent of punishment – a universal concept? On the use of fire against individuals in ancient Egypt, Mesopotamia, and Byzantium

Tandemvortrag bei der Plenumssitzung am 23.06.2022

Ein Beitrag von Francisco José Gómez Blanco

Im Rahmen der Plenumssitzungen werden dieses Semesters Tandemvorträge von den KollegiatInnen gehalten, die letztendlich während der GRK Tagung am 6.-8. September präsentiert werden. Am 23. Juni haben Jessica Knebel, David Usieto und Sibel Ousta in ihrem Tandemvortrag über die Rolle des Feuers als Bestrafungskraft gesprochen. Dafür verglichen Sie die Verwendung des Feuers in ihren jeweiligen Forschungsgebieten: dem alten Ägypten, Mesopotamien und Byzanz. Dem Feuer als eine zerstörerische Kraft werden in ihren Zum einen gilt das Feuer als Mittel der Zerstörung des Menschen, zum anderen wird es auf einer metaphysischen Ebene zur Reinigung der Seele verstanden.

Altes Ägypten

Jessica Knebel stellt die Verwendung von Feuer als ein Mittel zur Bestrafung im Alten Ägypten vor. Dafür bezieht sie sich auf textliche und bildliche Quellen aus dem funerären Kontext, die zwischen der Zeit des Alten Reichs (ca. 2700-2160 v. Chr.) und der griechisch-römischen Zeit (332 v. Chr.-ca. 400 n. Chr.) entstanden sind. Diese Quellen zeigen, dass das Verbrennen von Personen oder Feinden der Götter nicht nur mit der Zerstörung des Körpers, sondern mit deren Weiterleben im Jenseits eng verbunden ist. Daher ist die Angst vor einer solchen Bestrafung bereits in den frühesten Texten, bereits ab 2400 v. Chr., belegt.

Laut Jessica wurde das Feuer zur Bestrafung einerseits von spezifischen Verbrechen im Diesseits, andererseits aber auch für das Verbrennen der Feinde der Götter in der Unterwelt verwendet. Feinde der Götter wurden nur im Leibe verbrannt; auch Darstellungen von ihnen in den Jenseitsbüchern oder rituelle Figuren in Ritualtexten fielen zum Opfer der Flammen. Da die Bestrafung von Verbrechern selten in schriftlichen Quellen erwähnt wird, legt Jessica den Fokus ihres Vortrags auf die zerstörerische Verwendung von Feuer in ausgewählten Jenseitsführern wie dem „Pfortenbuch“ und „Amduat“ sowie in dem Ritualtext „Buch zur Niederwerfung von Apophis“.Im „Amduat“ werden sie, sowie ihre abgetrennten Köpfe und ‚Ba-Seelen‘ ins Feuer geworfen. Diese Art der Zerstörung wird im sog. „Htm.yt“ („Ort der Zerstörung“) durchgeführt, in dem die Körper der Feinde zerstückelt, ihre Seelen geröstet und ihre Herzen und Schatten in Kesseln gebraten werden. Im „Pfortenbuch“ wird beschrieben, wie die gesegneten Toten im Jenseits versorgt, aber auch wie die Verdammten und Feinde des Sonnengottes bestraft werden. In diesem Buch befindet sich die Darstellung von zwölf umwickelten Figuren mit menschlichen Köpfen, die auf einem roten See aus Feuer stehen. Wie der dazugehörige Text erläutert, ist der See mit „Gerste gefüllt“ und das „stinkende“ Wasser besteht eigentlich aus „Feuer [für die Verdammten]“. In späteren Stellen im Text wird weiterhin auf die zwiespältige Natur des Sees hingewiesen: der „Feuersee“ hält für die Rechtschaffenen Erfrischung bereit, den Verdammten, die im Leben bösartig waren, bestraft er jedoch durch sein Feuer (Abb. 1). Das „Buch zur Niederwerfung des Apophis” berichtet über die Zerstörung dieses feindlichen Gottes und führt Ritualanweisungen auf, um Figuren des Apophis im Feuer zu zerstören. 

Die Bedeutung dieser schriftlich und bildlich belegten Zerstörung des Körpers durch Feuer kann am besten verstanden werden, wenn man sich über die Konstitution von Individuen im Alten Ägypten bewusst wird. Der Mensch besteht im Verständnis der alten Ägypter aus Körper und Herz, Namen, Schatten und Ba- und Ka-Seelen. Die Ba-Seele und der Körper sind verbunden und werden durch den Tod getrennt, sodass sie anschließend wiedervereint werden müssen. Kehrt die Ba-Seele nicht in den toten Körper zurück, kann dieser nicht mehr von ihr versorgt werden. Die Feuerstrafe bedeutet demnach mehr als die vollständige Zerstörung des Körpers, da es nun für die Ba-Seele unmöglich ist, in den Körper des Verstorbenen zurückzukehren. Somit wird der verstorbenen Person jede Chance auf ein Leben im Jenseits verwehrt.

Abb. 1: Figuren über den Feuersee, Pfortenbuch. Z. Hawass, Bilder der Untersblichkeit 2006, 152.

Mesopotamien

In Mesopotamien und dem alten Nahen Osten, so stellt es David Usieto vor, ist Feuer ein wichtiges Element in der Ideologie und dem Glauben, aber auch ein verbindendes Element gesellschaftlicher Strukturen. In der Auslebung von Religiosität in den Gesellschaften des alten Nahen Ostens ist Feuer ein stets präsentes Element, dies lässt sich anhand archäologischer Ausgrabungen und schriftlichen Untersuchungen belegen.

Den Menschen des alten Nahen Ostens ist die besondere Zerstörungskraft des Feuers und dessen Bedeutung für kriegerische Handlungen durchaus bewusst. Im Kontext von Belagerungen versucht die angreifende Armee ihre Feinde und deren Stadt durch Feuer zu zerstören. Die besiegten Feinde bzw. ihre teilweise zerstückelten Körper werden in die Flammen geworfen sodass das Feuer, das die Gebäude der Stadt zerstört, weiter geschürt wird. Diese Verwendung von ist eine zusätzliche Qual für die Besiegten, da sie ihre Toten auf den Straßen zusammen sammeln müssen und keine entsprechenden Rituale zur Bestattung, die für ein Leben im Jenseits notwendig sind, mehr durchführen können.

Hierzu zeigt David Bilder von verschiedenen Fundstellen im Nahen Osten, auf denen Brandgräber gefunden wurden. Diese Brandgräber, in denen die Überreste der Toten in Keramikgefäßen bestattet wurden, sind etwas Außergewöhnliches für diese Gegend und Zeit, da Körperbestattungen hier überwiegen. Eine Verbindung von Feuer und Strafe liegt hier laut David nahe.

Byzanz

Sibel Ousta referiert über die Interpretation des Feuers als Mittel zur Bestrafung im byzantinischen Reich. Dabei treten zwei wesentliche Unterschiede zu den bereits Besprochenen Bedeutungen des Feuers im Alten Ägypten und alten Nahen Osten hervor: Erstens wurde in Byzanz in der Hoffnung auf die Auferstehung am Jüngsten Tag keine Feuerbestattung durchgeführt. Zweitens herrscht im Volksglauben die Überzeugung, dass im Kontext der Fieberhitze diese einen reinigenden und positiven Effekt auf die Seele hat. 

Die Vorstellung über eine postmortale Reinigung der Seele durch Feuer – im Sinne eines Purgatoriums – wie sie etwa in der lateinischen Kirche vorzufinden ist, wird in den Ostkirchen abgelehnt. Dagegen wurde im Rahmen des Konzils von Ferrara-Florenz im 15. Jh. für Menschen, die leichte Sünden begangen und für diese noch nicht genügend Buße getan hatten (sog. „mesoi“/μεσοὶ), die Chance auf Rettung durch ein „im Inneren angefachtes Feuer“ am Sterbebett ausgesprochen. Dieser Reinigungsprozess wird durch Schuld und Angstgefühle des Sterbenden am Krankenlager angeregt, welcher sich durch „feurigen Schmerz“ in der Brust bemerkbar macht und als ein Ausdruck wahrer Reue interpretiert wird. Hierzu stellt zwei Textbeispiele vor, die aus dem Fundus der Grabreden des Universalgelehrten Michael Psellos (11. Jh., Abb. 2) stammen: Eine Grabrede zum Ableben seiner Mutter Theodote (1055) und eine zum Ableben des Patriarchen Leithundes (1063), den er zu seinem engen Freundeskreis zählte. 

Darin interpretiert Psellos mit seinem fundierten Wissen über Philosophie, Recht und Medizin die Fieberhitze als ein Symptom des imminenten Sterbens. Im Hinblick auf die (verspätete) Buße verfeinere das Fieber die Beschaffenheit der Seele und erleichtere den Übergang ins Jenseits.

Abb. 2: Michael Psellos mit seinem Schüler Michael VII. Dukas (source).

Fazit

Trotz der geographischen und chronologischen Unterschiede der angesprochenen Fachbereiche, lassen sich vergleichbare Aspekte in der Bedeutung des Feuers für die Zerstörung des Körpers aufzeigen. Die Verbindung des Feuers und des Körpers wird meist negativ konnotiert. So werden Verbrecher durch das Feuer bestraft oder Sünder durch die Schmerzen des inneren Feuers gereinigt. Der religiöse Glaube spielt hierbei eine wichtige Rolle, da die Verbrecher als "Feinde der Götter" bezeichnet werden und im Fall der Sünder die feurige Reinigung von Gott selbst geschickt wird. Der größte Unterschied liegt in Bedeutung des Feuers für den Körper. Im Alten Ägypten und Mesopotamien wird der Körper vollständig durch das Feuer zerstört, sodass ein Leben im Jenseits den Verbrannten verwehrt wird. In Byzanz hingegen wir die Seele erst durch das Feuer gereinigt, sodass sie das Leben im Jenseits geläutert antreten kann.

Kommentare