32. Tagung des Arbeitskreises ‚Antike Naturwissenschaft und ihre Rezeption‘ (AKAN)

Ein Beitrag von Christoph Appel

Nachdem die Unwägbarkeiten der Corona-Pandemie im Sommer 2020 die alljährliche Tagung des AKAN – wenngleich nicht die Veröffentlichung eines weiteren Sammelbandes [1]  – verunmöglicht hatten, fanden sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erstmals zu einer eintägigen Online-Konferenz zusammen. Zwar musste auf symposiastische Geselligkeit, nicht jedoch auf vielfältige wissenschaftliche Impulse durch einen bunten Strauß von Themen verzichtet werden. Stellvertretend für die thematische Breite des AKAN, stifteten die Vorträge Inspiration und Diskussion aus so unterschiedlichen Bereichen wie der antiken Alchemie, Physiologie, Zoologie, Agronomie, Nautik, Astronomie und Geographie.

Zu Beginn gab INGOLF VERENO (Staufen) einen Einblick in Ps.-Demokrits Physika kai mystika, die wohl älteste und maßgebliche griechische alchemistische Schrift. Dabei arbeitete er heraus, wie das Werk im Zeichen einer Allegorie des Quecksilbers, unter der Oberfläche von Rezepten zur Metall und Purpurgewinnung, eine philosophische Seelenkunde entfaltet.

CHRISTOPH APPEL (Mainz) beschäftigte sich mit antiken Reflexionen zum Phänomen der Trunkenheit. Am Beispiel literarischer und naturwissenschaftlicher Quellen konnte gezeigt werden, dass zentrale griechisch-lateinische Metaphern des Rausches (Verletzung, Wärme, Feuchtigkeit etc.) populäre Wissensbestände repräsentieren, die von der Fachschriftstellerei jedoch nur selektiv geteilt werden.

In einem Kommentar zur Zoologie in Platons Timaios entwickelte SERGIUSZ KAZMIERSKI (Regensburg) grundlegende Gedanken zum Gegenstand einer historisch angelegten Naturwissenschaft. Anhand des Phänomens der Atmung demonstrierte er exemplarisch die philosophischen Wertigkeiten von Sein und Werden als Prinzipien einer physiologisch dimensionierten Kosmologie.

THORSTEN FÖGEN (Durham, UK) widmete sich der Rolle von Schädlingen in der römischen Agrarschriftstellerei. Ausgehend von einer lexikalischen Problematisierung des Konzepts ‚Schädling‘ konnte er zeigen, dass die agronomischen Programme Catos und Columellas wesentlich, etwa bei der Konstruktion des Gutes oder den Hinweisen zur Verarbeitung der Erzeugnisse, durch einen Anthropozentrismus geprägt sind, der eine ökonomische Qualifizierung des potenziell schadhaften Tieres vornimmt.

Mit der nautischen Fachschriftstellerei in Gestalt der sog. Libri navales des Varro setzte sich BORIS DUNSCH (Marburg) auseinander. Dabei macht er deren Existenz selbst besonders in Abgrenzung zur Ephemeris navalis – zum Gegenstand seines Vortrages und diskutierte verschiedene Testimonien mit Bezug zur Behandlung von Wetterzeichen und Winden für die Seefahrt.

WOLFGANG HÜBNER (Münster) führte die Teilnehmer durch das fünfte Buch der Astronomica des Manilius, das den sog. Paranatellonten, Sternbildern außerhalb der Tierkreiszeichen, gewidmet ist. Dabei stellte er wesentliche Überlegungen zu Figur und Wesen der dargebotenen Sternbilder sowie der Verarbeitung astronomischer Quellen vor. Insbesondere beeinflussen nach Manilius diese Sternbilder im Sinne einer Sympathielehre die unter ihnen geborenen menschlichen Charaktere.

Abschließend beschäftigte sich PHILIPP KÖHNER (Marburg) mit der Rolle Nordafrikas auf der Tabula Peutingeriana, verbunden mit einer Erörterung von Wissensgehalten und Zielpublikum der Quelle. Hierbei thematisierte er die relative Informationsarmut des afrikanischen Raumes gegenüber dem europäischen und arbeitete, etwa an den Beispielen des Tritonsees oder Karthagos, die Rom-Bezogenheit der Karte, fern jeder praktischen Nutzbarkeit, heraus.

Wie gewohnt werden die Beiträge der Tagung in Form eines Sammelbandes beim Wissenschaftlichen Verlag Trier publiziert. Die nächste Tagung des AKAN ist für Sommer 2022, hoffentlich in Präsenz, geplant.


[1] J. Althoff – D. De Brasi – S. Föllinger (Hrsg.), AKAN – Antike Naturwissenschaft und ihre Rezeption XXXI (Trier 2021).


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