Roboter – Androide – Maschinen. Internationale Tagung in Bologna, 29.-30.05.2018

Ein Beitrag von Sandra Hofert.
Ein Bett, hergestellt vom Zauberer Clinschor, das in der Kemenate eines großen Schlosses ununterbrochen hin und her fährt, wie in Wolframs von Eschenbach Parzival (s. Abb. 1), ein Baum aus Erz mit einem Rad an der Spitze, darauf die Figur eines Trompeters, der beim Herannahen eines fremden Ritters in sein Horn bläst, wie in Heinrichs von dem Türlin Diu Crône, oder ein großes, mit Schwertern und Kolben beschlagenes Rad, das jeden Eindringling am Eintritt in die Burg hindert, wie im Wigalois Wirnts von Grafenberg – immer wieder werden die Ritter mittelalterlicher Literatur mit magisch-mechanischen Wunderwerken konfrontiert. Doch literarische Automaten finden sich nicht nur in höfischen Romanen, denn schon antike Literatur kennt Maschinen verschiedenster Form.
Abb. 1: Ritter Gawein auf dem Zauberbett. Pariser Elfenbeinschnitzerei (ca. 1320–1330) im Museo Civico Medievale (Medieval Museum) in Bologna (Photo: Sandra Hofert)
Die zahlreichen Varianten unterschiedlicher technischer Werke, ihre Rolle im narrativen Zusammenhang und im historischen Kontext standen im Zentrum der Tagung „Robots – Androides – Machines. Les automates entre la magie et la technique en Littérature depuis l’Antiquité“, die vom 29. bis zum 30. Mai 2018 im Dipartimento di Lingue, Letterature e Culture moderne in Bologna (Italien) stattfand.


In der von Michael Dallapiaza (Bologna) in Kooperation mit Danielle Buschinger (Amiens) organisierten Veranstaltung haben sich in diesem Jahr über 20 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Disziplinen versammelt, um sich dem Thema aus ganz unterschiedlichen Perspektiven zu nähern:
Danielle Buschinger eröffnete die Tagung mit einem Vortrag zu den Kriegsmaschinen im Werk Livre des faits d'armes et de chevalerie von Christine de Pizan und dessen mittelhochdeutscher Fassung Das buoch von dem vechten und von der ritterschaft (Staatsbibliothek in Berlin, Ms. germ. fol. 1705). Im Zentrum des Vortrags von Friedrich Wolfzettel (Frankfurt a. M.) mit dem Titel „La descente aux enfers dans la Joyeuse Garde du Lancelot en prose: un roman noir avant la lettre“ stand die Burg Joyeuse Garde aus dem Prosa-Lanzelot. Ferner sprach Ronny F. Schulz (Kiel) über Diomenas künstliches Paradies in Heinrichs von Neustadt Apollonius von Tyrland.

Es war ein interessantes und abwechslungsreiches Programm mit zahlreichen weiteren anregenden Beiträgen, die in Kürze in einem Tagungsband erscheinen werden.

Auch das GRK 1876 „Frühe Konzepte von Mensch und Natur“ war vertreten durch Sandra Hofert (die Autorin dieses Beitrags). In diesem Vortrag, mit dem Titel Geliebte Statuen, Statuen Geliebter, standen zwei besondere magisch-technische Wunderwerke im Zentrum: der Statuensaal in Thomas’ Tristran (um 1170), in dem Tristran u. a. eine belebte Statue seiner geliebten Ysolt konstruieren lässt, und das Scheingrab Blanscheflurs bei Konrad Flecks Flore und Blanscheflur (um 1220), das von einer technischen Installation des Liebespaares beherrscht wird. Beide Kunstwerke spielen mit der Grenze zwischen An- und Abwesenheit, lebendig und tot sowie Vergessen und Erinnern, denn beide Kunstwerke sind nach einer Vorlage entworfen, beide sind durch technische Installationen verlebendigt und beide führen schließlich dazu, dass sich die Protagonisten wieder auf den Weg zum eigentlichen Original machen.


Abb. 2: Bild und Text im Widerspruch. Die Grabplatte Blanscheflurs (Quelle: Universitätsbibliothek Heidelberg, Cpg 362, fol. 54r)
 
Insgesamt war es ein sehr vielfältiges und interessantes Programm mit spannenden Diskussionen in freundlicher Atmosphäre in einer schönen und eindrucksvollen Stadt und so möchte ich mich schließlich an dieser Stelle nochmal ganz herzlich bei Michael Dallapiaza und Danielle Buschinger für die Organisation der Veranstaltung bedanken und bei dem GRK 1876 „Frühe Konzepte von Mensch und Natur“ für die Finanzierung meines Bologna-Aufenthaltes.

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