Feurige Vulkane und erfrischende Quellen – Plenumssitzung am 23. Juni 2016

Ein Beitrag von Dominic Bärsch.

In der Plenumssitzung am 23. Juni 2016 stellten Katharina Hillenbrand und Florian Schimpf Aspekte ihrer Dissertationen vor. Beide beschäftigten sich mit der Wahrnehmung konkreter Natur, einmal der Wahrnehmung und Deutung von vulkanischen Phänomenen in der griechisch-römischen Antike, einmal mit der sakralisierten Natur. 

Die Feuerflüsse der Ober- und Unterwelt

Zunächst widmete sich Katharina Hillenbrand in ihrem Vortrag "Jedem seinen Platz? Vulkanische Phänomene und Unterweltsvorstellungen der griechisch-römischen Antike" der Perzeption vulkanischer Phänomene in der griechisch-römischen Literatur. Davon griff sie besonders zwei näher heraus, denen in der Antike besondere Bedeutung zugeschrieben wurden: Den Krater und die Lava.

In Anlehnung an die These Peter Kingsleys (Fn. 1) zeigte sie zunächst anhand mehrerer Beispiele, inwieweit beide Phänomene speziell in Unterweltsvorstellungen sizilianischer Provenienz repräsentiert werden. Der Schlund würde dabei im Bild kesselartiger Gefäße in verschiedenen Mythenvarianten verbildlicht, der Lavastrom besonders durch Feuerströme wie den Pyriphlegethon in der Unterwelt. Nach Kingsley haben beide Bilder ihren Ursprung in sizilianischen und süditalischen pythagoreischen Unterweltsvorstellungen, die letztlich maßgeblich antike Unterweltsvorstellungen mitprägten und dieser Unterwelt vulkanische Färbung gaben. Nach dieser Tradition seien vulkanische Schlünde besonders als Eingänge zur Unterwelt und als Orte voller matschiger Feuerströme gedacht, die von Süditalien bis Sizilien – und damit mit zwei großen Zentren pythagoreischer Schulen – unterirdisch miteinander verbunden seien. 

Von Kingsleys Beobachtungen ausgehend zeigte Katharina Hillenbrand in früheren und späteren mythischen Darstellungen weitere vergleichbare Bilder für Krater und Lavaströme. Das Bild des kesselartigen Gefäßes wies dabei oft eine besondere Nähe zu Hephaistos auf, während der Lavastrom meist mit seinem Ursprung in der Unterwelt korreliert wurde. Den Abschluss bildeten Überlegungen, inwieweit sich diese Motive auch in der Legende der pii fratres spiegelten. Dem Vortrag folgte eine angeregte Diskussion. 

Ritueller Raum und Erinnerung

Florian Schimpf stellte seinen Vortrag "Erinnerungsorte, Agency, konstruierte Räume: Konzepte von Natur und Kult in der griechischen Antike" unter die Leitfrage, warum bestimmte Naturmale und Naturräume ideell aufgeladen wurden, um damit die zugrunde liegenden Konzepten von Natur und Kult ausmachen zu können. Damit setzte er die Gedanken seines letzten Vortrages vor dem Plenum fort, in welchem er vor allem über die Fragen gesprochen hatte, wie mit natürlichen Elementen in sakralen Kontexten umgegangen worden ist und wie diese in den rituellen Raum eingebunden worden sind.

Anhand zahlreicher Beispiele aus dem Kleinasiatischen Raum sowie literarischer Beschreibungen von loci amoeni formulierte Florian Schimpf die Ergebnisse, dass natürliche Elemente integrale Bestandteile in einem Heiligtum gewesen seien, jedoch das Heiligtum auch selbst oder kumulativ eine sakrale Naturlandschaft gebildet haben können. Diese natürlichen Elemente besaßen mit großer Wahrscheinlichkeit, besonders in extraurbanen Heiligtümern, eine erinnerungsstiftende Funktion, wurden also als Erinnerungsmale konzipiert. Auch an den Thesen dieses Vortrages entfachte sich eine lebhafte Diskussion.

Fußnote:
[1] KINGSLEY, P., Ancient Philosophy, Mystery, and Magic. Empedocles and Pythagorean Tradition, Oxford 1995.

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