Tandemvortrag: "Was grünt denn da? – Pflanzen in bildlichen Darstellungen und Texten"

Ein Beitrag von Tim Brandes.
 
Am 4. Februar 2016 hielten die Kollegiatinnen Carrie Schidlo (Ägyptologie) und Valeria Zubieta Lupo (Altorientalische Philologie) den letzten Tandemvortrag des Wintersemesters 2015/16 mit dem Titel "Was grünt denn da? – Pflanzen in bildlichen Darstellungen und Texten".
 
Ziel des Vortrags war es, Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten der Dissertationsprojekte der beiden Kollegiatinnen näher zu beleuchten. Trotz der zunächst völlig unterschiedlichen Themen und der massiven geographischen und chronologischen Differenz der in den Arbeiten untersuchten Kulturen – dem spät- bis römerzeitlichen Ägypten auf der einen Seite und der in Anatolien angesiedelten Kultur der Hethiter auf der anderen Seite – fand sich doch in beiden Dissertationsvorhaben ein gemeinsamer Nenner: die Pflanzen. Während sich Carrie Schidlo in ihrem Projekt mit bildlichen Pflanzendarstellungen in Ägypten beschäftigt, bilden die Pflanzen in der Arbeit von Valeria Zubieta Lupo eine große Rolle in der schriftlich dargelegten, hethitischen Heilpraxis.
 

 

Unterschiedliches Quellenmaterial, ähnliche Problemstellungen

 
Trotz der bereits genannten Unterschiede in der Thematik und der Art der Quellen zeigten die beiden Kollegiatinnen, dass sich dennoch die gleichen Fragestellungen entwickelt haben. Dazu zählt z. B. die grundlegende Frage, welche Pflanzen in den Quellen überhaupt vorkommen? Doch schon hier offenbarten sich in beiden Projekten, wie die beiden Kollegiatinnen überzeugend darlegen konnten, ganz eigene Schwierigkeiten.
 
So liegen zwar für die bildlichen Darstellungen von Pflanzen aus Ägypten zahlreiche Bestimmungen und Deutungsversuche vor, doch machte Carrie Schidlo darauf aufmerksam, dass diese Bestimmungen keineswegs eindeutig sind.
 
Auch die hethitischen Quellen bieten ihre ganz eigenen Probleme auf, wenn es um die Identifizierung der Pflanzen geht. Zwar sind die Namen der Pflanzen aus den Schriftquellen überliefert, ihre Bestimmung ist aber in den allermeisten Fällen nicht möglich.
 

 

Von Rosen und Frühlingsfesten

 
In der zweiten Hälfte des Vortrags verdeutlichten die beiden Kollegiatinnen die Frage- und Problemstellungen anhand ausgewählter Beispiele:
 
So führten rosafarbene Kränze auf ägyptischen Mumienportraits zu der Frage, ob es Rosen in Ägypten gab oder ob es sich dabei um Einflüsse anderer Kulturen handelte. Und tatsächlich ergaben Recherchen, dass man entsprechende archäobotanische Funde in Ägypten gemacht hat. Eine ebensolche Recherche zu einer in der Sekundärliteratur als "Orangenblüte" betitelten Pflanze hat dagegen ergeben, dass die Darstellung nicht mit den tatsächlichen botanischen Gegebenheiten übereinstimmt. Dies zeigt, wie von Carrie Schidlo zu Beginn des Vortrages bereits verdeutlicht, dass eine Identifizierung der dargestellten Pflanzen nicht immer ohne Weiteres möglich ist und man sich ggf. auf eine reine Beschreibung des Dargestellten beschränken muss. 
 
Für das hethitische Quellenmaterial diente die nur mit sumerischen Logogrammen wiedergegebene AN.TAḪ.ŠUMSAR-Pflanze als Beispiel. Auch hier ist nicht klar, um welche Pflanze es sich genau handelt. In der Forschung wurden verschiedenste Vorschläge gemacht – von einer Krokus-Art über Fenchel bis hin zu Safran. Darüber hinaus ist unbekannt, ob die Hethiter damit die gleiche Pflanze meinten wie die Mesopotamier oder ob die sumerische Schreibung für eine andere Pflanze zweckentfremdet wurde. Klar ist nur, dass eine Pflanze dieses Namens sowohl in Mesopotamien als auch im hethitischen Anatolien als Heilpflanze genutzt wurde. Ihre Bedeutung mag einem deutlich werden, wenn man sich vor Augen hält, dass eines der wichtigsten Feste der Hethiter, ein Frühlingsfest, ebenfalls als AN.TAḪ.ŠUM bezeichnet wurde.
 
Am Ende konnten die beiden Kollegiatinnen festhalten, dass ihre jeweiligen Materialien, trotz aller Unterschiede, zu den gleichen Ausgangsfragen führten und ihre Bearbeitung ähnliche Herausforderungen bereithalten. 
 

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