Workshop "Wissen von Mensch und Natur. Tradierung, Aktualisierung und Vermittlung in frühneuzeitlichen Übersetzungen" (19.-20.02.2016)

Ein Beitrag von Katharina Hillenbrand.

Am 19. und 20. Februar wurde unter Beteiligung des GRKs 1876 "Frühe Konzepte von Mensch und Natur" und des DFG-Netzwerks "Humanistische Antikenübersetzung und frühneuzeitliche Poetik in Deutschland (1450-1620)" der Workshop "Wissen von Mensch und Natur. Tradierung, Aktualisierung und Vermittlung in frühneuzeitlichen Übersetzungen" mit dem Ziel ausgerichtet, Tendenzen beim Übersetzen antiker Texte in der frühen Neuzeit herauszuarbeiten. Der Workshop bestach durch die Bandbreite eingeladener Referenten aus anderen Forschungsprojekten zu antikem bis frühneuzeitlichem Wissen von Mensch und Natur wie des Bochumer DFG-Projekts "Klassiker im Kontext" oder des Münchner DFG-Projekts "Die 'Mulomedicina' des Theodoricus Cerviensis und ihre Schlüsselrolle in der Überlieferung der lateinischen Pferdemedizin der frühen Stallmeisterzeit Italiens". 
 
Thematisch wurde an den beiden Tagen ebenfalls eine große Bandbreite an Wissen von Mensch und Natur berührt: So ließ sich ein erster Block grob dem Stichwort der Naturphänomene zuordnen und umfasste Beiträge zu Naturgewalten, wie Sintflut-Darstellungen in Rezeptionen des Deukalion-Mythos Ovids, zu Chroniken oder geographisch-ethnologischem Wissen, das die Irrfahrten des Odysseus aufgriff. Einen zweiten Block bildeten Beiträge zu Darstellungen von Flora und Fauna und damit mehr oder weniger naturkundlichen Werken über Tiere, wie sie in Übersetzungen der hippologischen Schriften Xenophons durch Camerarius oder in Übersetzungen ausgewählter Bücher des Plinius durch Heinrich Eppendorf und Johannes Heyden erkennbar waren. Hierzu referierte einer der Doktoranden des Graduiertenkollegs, Dominic Bärsch. Daneben wurden auch Werke über Pflanzenwissen in Kräuterbüchern vorgestellt, deren Konzeption auf dem Rückgriff auf verschiedenste Quellen beruhte. Im weiteren Sinne gehörte dazu auch ein Beitrag zur Darstellung von Göttern, Menschen und Natur in der Ovid-Rezeption. Er lässt sich teils aber ebenfalls einem dritten thematischen Block zuweisen, welcher die Darstellung von Menschen fokussierte. Hierunter fiel auch ein Beitrag zur Narrenschiff-Rezeption, der Aufgriffe und Modifikation antiker Gender-Diskurse aufzeigte. Durchweg herrschte eine sehr konstruktive, intensive und ergebnisorientierte Diskussionsatmosphäre. Diese zeigte sich auch am Nachmittag des ersten Tages, als den Nachwuchswissenschaftlern, die auch an der Moderation beteiligt wurden, die Möglichkeit gegeben wurde, ihre Dissertations- oder Abschlussprojekte in einer Poster-Präsentation bekannter zu machen. Hierzu fanden sich auch mehrere Promovenden des GRKs ein.
 
Als erkennbare und einende Tendenz der Vorträge im Workshop zeichnete sich die Anpassung antiker Texte an ihren frühneuzeitlichen Kontext ab. So gingen viele Übersetzungen sehr selektiv in der Auswahl ihrer Vorlagen vor und fokussierten etwa nur einzelne Bücher eines Werks, sparten Passagen aus, modifizierten sie oder versahen sie mit Erläuterungen. Dies konnte oft mit der Einbindung des heilsgeschichtlichen Diskurses in Verbindung gebracht werden, beschränkte sich aber keineswegs darauf. So zeigte sich ebenso deutlich, wie zeitgenössisches, naturkundliches Wissen eingebunden wurde, das auf keiner antiken Vorlage beruhte. Teils ließen sich hierbei sogar mündliche Überlieferungszusammenhänge annehmen. Auffallend war der zunehmend selbstbewusste Umgang mit der deutschen Sprache, wenngleich durchaus auch auf Unzulänglichkeiten beim Übersetzen aufmerksam gemacht wurde. Die einzelnen Vorträge wurden dabei stets von intensiven Diskussionen und "ausreichend Rekreationspausen" begleitet.
 
In der Schlussdiskussion wurde festgehalten, dass der Übersetzungsbegriff in der frühen Neuzeit einen hohen Grad an Differenzierung aufweist. Teils lässt er sich deckungsgleich mit dem Konzept-Begriff verstehen. So stehe hinter dem Übersetzungsvorgang dieser Zeit ein komplexer Transformationsprozess, in dem die Wanderung von Vorstellungen erkennbar werde. Die frühe Neuzeit zeigte sich insgesamt als eine sehr produktive Epoche, die in ihren Werken nahezu bibliotheksartig unterschiedliche Wissenssysteme einzubinden wusste. Dies zu erfassen, sei ein offener Begriff wie derjenige der Übersetzung oder des Konzeptes besonders geeignet. 

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