Vortrag von Dr. des. Sabine Neumann (Universität Marburg) – „Die Grotten auf der Akropolis von Rhodos – Künstliche Natur im Kontext hellenistischer Wohnkultur“

Ein Beitrag von Dominic Bärsch.

Im Rahmen der Plenumssitzung vom 23. Juli 2015 hielt Frau Dr. des. Sabine Neumann einen Vortrag zum Thema "Die Grotten auf der Akropolis von Rhodos – Künstliche Natur im Kontext hellenistischer Wohnkultur". Frau Neumann, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Archäologischen Seminar der Philipps-Universität Marburg angestellt ist, hatte sich bereits in ihrer gleichnamigen Dissertation mit dem Verhältnis von Kunst und Natur in den rhodischen Grotten auseinandergesetzt und präsentierte ihre Ergebnisse dem interessierten Publikum.
 

Erholungsstätten oder Heiligtümer der Nymphen

 
In der bisherigen Forschung wurden den vier thematisierten Grotten, die im Laufe früherer Grabungen auf der Akropolis von Rhodos freigelegt wurden, verschiedene Funktionen zugeordnet. So ging man einerseits davon aus, dass sie Heiligtümer für Nymphen und andere Naturgottheiten gewesen seien, was aus zahlreichen Wandnischen mit Befestigungen für Statuen oder Reliefs geschlossen wurde. Andererseits übertrug man das Bild öffentlicher Parkanlagen mit weiten Hainen und Grotten als Erholungsorte für die Bürger auf die Befunde, was jedoch sehr durch das Bild der ausgehenden Romantik geprägt ist. Dazu gab Frau Neumann jedoch zu bedenken, dass eingehende Untersuchungen zu den Grotten bislang noch ausstehen und auch deren eine Datierung bislang nicht gesichert ist.
 

Die Grotte als Teil des hellenistischen Wohnhauses 

 
In ihrer These zur Funktion der Grotten distanziert sich Frau Neumann von der bisherigen Forschung: Die Grotten seien künstlich erzeugte Bestandteile hellenistischer Wohnhäuser, wie sie nach einem Erdbeben im 3. Jahrhundert v.Chr. vermehrt auf der Akropolis und in der Wohnstadt erbaut worden sind. In ihrer Gestaltung lasse sich ein ästhetischer Diskurs des Hellenismus erkennen: Der Mensch strebt danach die Natur durch seine künstlerischen Werke nachzuahmen oder gar zu überbieten, was seinen Niederschlag auch in griechischen und römischen literarischen Quellen findet. Ziel dieses Strebens war es unter anderem eine Illusion zu erzeugen, in der verschleiert wird, wo die Natur endet und die Kunst beginnt.

Dabei dienten die Grotten als Orte für Gelage und Gastmähler, die gerade in den heißen Sommermonaten durch künstliche Wasserzuläufe ein angenehmes Klima boten. Als Vorbild könnten dabei hellenistische Herrscherpaläste oder auch, konkret, das aus den Schriftquellen bekannte Palastschiff Ptolemaios IV. gedient haben, die ebenfalls über gestaltete Grottenräume verfügten. Dabei erfüllten die bereits erwähnten Wandnischen wohl dekorative Zwecke, indem verschiedene Statuen – die möglicherweise auch Götter abbildeten – aufgestellt wurden. Es lässt sich jedoch nur spekulieren, ob mit diesen eine religiös-sakrale Komponente verbunden war.

Gerade auch für die Fragestellungen des Graduiertenkollegs sind solche, die Natur nachahmenden Installationen von großem Interesse, da sich anhand ihrer zeigt, welche Aspekte der Natur die antiken Künstler interessiert und zur imitatio und aemulatio angeregt haben.
 

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