47. Ständige Ägyptologenkonferenz in Trier

Ein Beitrag von Sonja Gerke.

Als am Wochenende vom 10. bis zum 12. Juli 2015 das ägyptologische Institut der Universität Trier zur 47. Ständigen Ägyptologenkonferenz (SÄK) geladen hatte, fanden sich knapp 250 Forscher aus allen Teilen der Welt (Deutschland, Österreich, Schweiz, Frankreich, Großbritannien, Ägypten, Schweden, Katar) in der Römerstadt Trier ein. Darunter befand sich insbesondere auch eine knapp 30-köpfige Delegation der Mainzer Ägyptologie, inklusive der vier Kollegiatinnen Nadine Gräßler, Simone Gerhards, Sonja Gerke und Carrie Schidlo, die das GRK mit insgesamt vier Posterpräsentationen der jeweiligen Dissertationsprojekte vor Ort vertraten (Abb. 1 und 2). Die vier Poster finden Sie hier: "Das Auge im alten Ägypten", "Schläfst du noch oder lebst du schon?", "Die Ägypter und das liebe Vieh" und "Florale Elemente – Mehr als nur Dekoration".
 
Die Ständige Ägyptologenkonferenz ist ein beliebter Ort für fachlichen Austausch, Informations- und Kontaktaufnahme und damit fester Bestandteil und ganz besonderes – und "ständiges" – Highlight des jährlichen ägyptologischen Veranstaltungskalenders. Auch in diesem Jahr bot die Tagung eine abwechslungsreiche Auswahl an Vorträgen, die Einblicke in laufende und abgeschlossene Facharbeiten, Projekte und Grabungen gaben. 


Abb. 1: Nadine Gräßler (links) und Simone Gerhards (rechts) (Foto: Simone Gerhards).
Abb. 2: Sonja Gerke (links) und Carrie Schidlo (rechts) (Foto: Simone Gerhards).

Freitag – Canapés und Mumienträume

 
Das offizielle Programm begann am Freitagnachmittag um 16.00 Uhr mit der Begrüßung durch den Präsidenten der Universität Trier Prof. Dr. Michael Jäckel und Grußworten des Dekans des Fachbereichs III Prof. Dr. Uwe Jun. Außerdem berichtete der ägyptische Minister of Antiquities and Heritage Mamdouh Al-Damaty von Arbeitsfortschritten und der generellen Lage in Ägypten. Nach klassischer SÄK-Tradition folgten daraufhin die Berichte der Vertreter der Institute und Museen, die sich bis in den frühen Abend erstreckten. 
 
Am Abend wurden die Teilnehmer mittels vier Reisebussen ins nahe gelegene Luxemburg gebracht, wo vor der beeindruckenden Kulisse des Musée National d’Histore et d’Art der Empfang mit Wein und Canapés stattfand. Hier hatten die Gäste zudem die Möglichkeit, die derzeit in den Räumlichkeiten gezeigte Kabinett-Ausstellung der Luxemburger Aegyptiaca sowie die Ausstellung "Mumien – der Traum vom ewigen Leben" zu besichtigen. Nach der Rückfahrt nach Trier fand der Abend dann in geselliger Runde in der Trierer Altstadt seinen Ausklang.
 

Samstag – Steine, Computer und Papyri

 
Der Samstag zeichnete sich durch die Vielfalt und Reichweite der Vorträge und Präsentationen aus, die in diesem Jahr keinem speziell vorgegeben Thema untergeordnet waren, um so explizit auch den jüngeren Forschern die Möglichkeit zur Präsentation zu geben.
 
Eröffnet wurde die erste Sektion mit zwei archäologischen Vorträgen: Zunächst berichtete Dietrich Raue (Leipzig) von den neusten, sensationellen Ergebnissen der Grabungen in Heliopolis, die insbesondere in diesem Frühjahr durch den Fund einer Inschrift des Königs Nektanebo I. sowie dem Fragment einer Königsstatue für Schlagzeilen gesorgt hatten. Weiterhin informierte Henning Franzmeier (Doha) über Neuigkeiten, Arbeitsfortschritte und geplante Grabungen in der Ramsesstadt Pi-Ramesse. Der zweite Teil der ersten Sektion gestaltete sich als Ausflug in die Bereiche der digitalen Geisteswissenschaften, wo Sonja Speck und Benjamin Reh (Heidelberg) ihr Projekt des "Siegeldrehers", einer selbstentworfenen Apparatur zur automatischen 3D-Dokumentation von Rollsiegeln vorstellten und Anja Wutte (Wien) Einblicke in ihr Dissertationsvorhaben zur Anwendung von digitalen Architekturanalysen gab. In der zweiten Hälfte des Vormittags wurde von laufenden Projekten aus Heidelberg berichtet, zum einen von Juliane Unger, die eine Edition des außergewöhnlichen medizinischen Papyrus Brooklyn 47.218.75+86 vornimmt, zum anderen von Christoffer Theis mit einem Überblick über die unterschiedlichen Auffassungen zur Anwendung der Todesstrafe in Ägypten im Vergleich zu den Kulturen Vorderasiens.

Nach der Mittagspause konnte frisch gestärkt die Nachmittagssektion beginnen, deren Anfang ein Vortrag von Ramadan B. Hussein (Tübingen) zu "Intertextualität" (intertextuality) und "Entextualisierung" (entextualisation) am Beispiel des Textprogramms zweier Saiten- bzw. Perserzeitlichen Grabanlagen aus Saqqara bildete. Anschließend stellte Yoshifumi Yasuoka (Heidelberg) den bisher unter der Bezeichnung "Gurob Schrein Papyrus" bekannten, großformatigen Papyrus mit der innerhalb eines Rasters angelegten Zeichnung eines Schreins vor, der von ihm mit einer teilweisen Neuinterpretation und -datierung versehen werden konnte. Camilla Di Biase-Dyson (Göttingen) entführte das Publikum ausgehend von Beispielen aus der "Lehre des Amenemope" in die sprachliche Welt der Metaphern und der figurativen Sprache und erläuterte Sinn- und Konzeptzusammenhänge der einzelnen Ausdrücke.

Nach der Kaffeepause widmete sich Manon Schutz (Oxford) den Darstellungen von sitzenden Schakalen, die sich besonders auf Särgen der griechisch-römischen Epoche finden lassen. Sie konnte durch ihren Vortrag besonders deutlich machen, welch große Bedeutung auch auf den ersten Blick klein erscheinenden ikonografischen Details, wie z. B. der Form und Haltung eines Tierschwanzes, innewohnen kann, aber auch wie eng und fließend ägyptische Traditionen mit griechischen Vorstellungen verknüpft und weitergetragen werden können. Anschließend stellte Ralph Birk (München) die Ergebnisse seiner erst kürzlich verteidigten Dissertation über die Entwicklung der thebanischen Hohepriesterschaft der Ptolemäerzeit vor. Den Abschluss des Vortragstages bildete Mareike Wagner (Tübingen), die einen Überblick über die Materialgrundlage ihres noch am Anfang stehenden Projektes gab, das die Publikation der Grabkammer des Ibi in TT36 sowie seiner beiden anthropomorphen Särge umfasst. Der letzte an diesem Tag angekündigte Vortrag von Benoît Lurson (Leipzig) zur Entdeckung des Grabes von Karomama musste leider entfallen.

Den krönenden Abschluss des Tages bildete ein wundervolles Grillfest, das im Garten der Universität bei strahlendem Sonnenschein und zu beschwingten Dixieland/Jazz-Klängen von Klarinette und Saxophon genossen wurde.
 

Sonntag – digitale und analoge Neuigkeiten

 
Der sonntägliche Vormittag widmete sich – wiederum in bewährter SÄK-Tradition – der expliziten Vorstellung von besonderen Projekten und Institutionen, vornehmlich des TLA (vertreten durch Peter Dils, Leipzig) und des Sondersammelgebietes Heidelberg (vorgestellt von Nicole Kloth), das nun in einen "Fachinformationsdienst" transformiert wird. Anschließend folgten die Projekt-Berichte der "Großen Drei", des Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Archäologischen Instituts, Abteilungen Kairo, die von Stephan Seidlmayer, Irene Forstner-Müller und Cornelius von Pilgrim repräsentiert wurden.

Wie in jedem Jahr bildete die mit Spannung erwartete Verkündigung des Veranstaltungsortes der nächsten SÄK den offiziellen Schlusspunkt: Im Jahr 2016 wird die SÄK in Wien zu Gast sein.

Unser herzlicher Dank gilt der Ägyptologie der Universität Trier, stellvertretend Prof. Dr. Sven Vleeming, Dr. Heidi Köpp-Junk und allen beteiligten Helfern und Organisatoren für eine gelungene, spannende und informationsreiche Tagung sowie ein schönes Rahmenprogramm.

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