Exkursion zur Ausstellung "Mensch. Natur. Katastrophe. Von Atlantis bis heute" (Reiss-Engelhorn-Museen, Mannheim)

Ein Beitrag von Katharina Hillenbrand.
 
Ein ereignisreiches Semester neigt sich seinem Ende entgegen. Kaum ein anderes in der nunmehr anderthalbjährigen Laufbahn des Graduiertenkollegs 1876 konnte mit so viel Neuem aufwarten – sieben neue Doktoranden, die erste eigene Ringvorlesung und zwei vom GRK ausgerichtete Workshops. Höchste Zeit also, sich hierfür zu belohnen und das Wintersemester 2014/2015 gemeinsam zu beschließen.

Was könnte da geeigneter sein als ein gemeinsamer Ausflug? Am 26. Februar machten sich die Beteiligten des GRKs auf den Weg nach Mannheim, um in den dortigen Reiss-Engelhorn-Museen die Ausstellung "Mensch. Natur. Katastrophe. Von Atlantis bis heute" zu besuchen. Diese wurde in Zusammenarbeit mit dem Projekt "
Images of Disasters" des Exzellenzclusters "Asien und Europa im globalen Kontext" der Universität Heidelberg unter Mitwirkung der TU Darmstadt ausgerichtet und stand unter der besonderen Obhut von Gerrit Jasper Schenk, Monica Juneja, Alfried Wieczorek und Christopher Lind. Das Konzept der Ausstellung präsentiert sich damit ganz im Lichte historischer und moderner Katastrophenforschung, die auch unser Forschungsschwerpunkt "Konzepte von Naturphänomenen, Naturgewalten und Naturkatastrophen" bedient. Spannend also, wie sich andere Forschungseinrichtungen dieser Thematik nähern.
 

Katastrophenforschung 


Im Mittelpunkt der Ausstellung stand die in der Katastrophenforschung zentrale "anthropologische Komponente" (Fn. 1). Demnach geht man davon aus, dass Naturereignisse, welche per se zunächst natürliche Erscheinungen sind, durch ihr Einwirken auf menschliche Lebenswelten zu Katastrophen werden und entsprechende Reaktionen abverlangen (Fn. 2). Die Bewertung eines Naturphänomens als Katastrophe unterliegt folglich ganz der menschlichen "Wahrnehmung und Deutung des Ereignisses" (Fn. 3) und bestimmt ebenso den Umgang mit ihm (Fn. 4).
 

Rundgang durch die Ausstellung


In einer einstündigen Führung durch die Ausstellungsräumlichkeiten wurden diese Aspekte in ihren verschiedensten Facetten in den Mittelpunkt gestellt. Pointiert fanden sie sich in diversen Zitaten, allen voran dem wohl treffendsten von Max Frisch: "Katastrophen kennt allein der Mensch, sofern er sie überlebt; die Natur kennt keine Katastrophen" (Max Frisch, Der Mensch erscheint im Holozän, 1979).

Es folgte ein nach den vier Elementen Feuer, Erde, Wasser und Luft geordneter Rundgang durch verschiedenste Exponate zu historischen Katastrophen wie Vulkanausbrüchen, Erdbeben, Bergrutschen, Tsunamis, Überschwemmungen und Stürmen, darunter neben der umworbenen Atlantissage etwa der Vesuvausbruch des Jahres 79 und der des Tambora im Jahre 1815, der Bergsturz von Plurs 1618, das Erdbeben von Lissabon 1755, das Erdbeben von San Francisco 1905, Überschwemmungen wie etwa des Arno in Florenz 1966 oder der fatale Tsunami in Japan aus dem Jahr 2011, dem letztlich eine Reaktorkatastrophe folgte. Im letzten Raum wurde damit der Bogen zur eingangs aufgeworfenen Frage nach dem menschlichen Anteil gespannt: Spürbar sei der Einfluss menschlichen Verhaltens auf das Klima und damit auch auf Naturkatastrophen. Der Mensch steht damit in seiner Verantwortung, auch wenn die Natur sich letztlich nie ganz kontrollieren lässt. Mit dieser halb Hoffnung machenden, halb betrübenden Botschaft verließen wir das Museum und kehrten im fabelhaft guten Restaurant Istanbul ein, dessen Spezialitäten alle Sorgen schnell vergessen machten.

Fußnoten:
[1] 
Waldherr, G., "Altertumswissenschaften und moderne Katastrophenforschung", in: Olshausen, E. / Sonnabend, H. (Hgg.), Stuttgarter Kolloquium zur historischen Geographie des Altertums 6, 1996 „Naturkatastrophen in der antiken Welt“, Stuttgart 1998, 51-64, hier 56.
[2]
Vgl. Waldherr, 56-57.
[3]
Schenk, G. J., Juneja, M., Lind, Chr., "Mensch. Natur. Katastrophe. Von Atlantis bis heute", in: Schenk, G. J. [u.a.] (Hgg.), Mensch. Natur. Katastrophe. Von Atlantis bis heute. Begleitband zur Sonderausstellung, Regensburg 2014, 15-23, hier: 16.
[4]
Vgl. Schenk, Juneja, Lind, 16.

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