Craven Seminar zum Thema "Eschatology and Apocalpyse in Graeco-Roman Literature" vom 1. bis 3. Juni 2017 an der University of Cambridge
Ein Beitrag von Dominic Bärsch.
Bei bestem englischem Wetter fand
vom 01. bis 03.06.2017 an der University of Cambridge das Craven Seminar zum
Thema "Eschatology and Apocalpyse in Graeco-Roman Literature" statt. Während
dieser Konferenz setzten sich ausgewiesene Experten auf dem Gebiet der
griechisch-römischen Kosmologie, Philosophie und Theologie mit der zentralen
Frage auseinander, ob und welche Art von Apokalyptik – besonders in Bezug auf
die Vorstellung eines oder mehrerer Weltuntergänge – in der griechischen und
lateinischen Literatur der Antike nachzuweisen sind. Die Diskussion fokussierte
sich dabei besonders auf die folgenden Schwerpunktfragen: Warum sprechen Texte
von einem "gemeinsamen Schicksal von Menschen und Welt"? In welchen
literarischen und historischen Kontexten werden diese Themen aufgeworfen? Wer
sind die Figuren oder Personen, die Anteil an einem "apokalyptischen Diskurs"
nehmen?
Nach einer herzlichen Begrüßung
der Veranstalter begann das erste Panel mit dem Überthema "Political
Eschatologies". Dieses wurde von Richard Seaford (Exeter) eröffnet, der während
seines Vortrags "Eschatology and the polis: the Homeric Hymn to Demeter,
Aeschylus, and Aristophanes" konstatierte, dass die frühe griechische Kultur
keine "mythology of the end of days" formuliert hat. Als Begründung dafür
führte er besonders an, dass die Wiederholung bestimmter ritueller Handlungen
wohl zu einem zyklischen Bewusstsein von Weltzeit geführt habe und
Krisensituationen stets in der Überwindung dieser Krise geführt wurden, anstatt
ein Ende zu imaginieren. Im darauffolgenden Vortrag "Sibylline Apocalypse"
setzte sich Helen Van Noorden (Cambridge) mit der Gattung der Sibyllinischen Orakel auseinander und
präsentierte die in Katastrophennarrativen transportierten Anspielungen auf
historische Umstände. In Ergänzung zu ihr präsentierte Stephen Oakley
(Cambridge) in seinem Vortrag "The Tiburtine Sibyl" ein Beispiel der Rezeption
einer antiken Sibylle, die als pagane Prophetin auch über die Antike hinaus als
autoritativer Argumentationspunkt genutzt wurde.
Im anschließenden, kleinen Panel
"Junior scholars' presentations" erhielt Dominic Bärsch neben Jonathan
Griffiths (Heidelberg) die Möglichkeit, einige Aspekte seiner Dissertation zu
präsentieren und Rückmeldungen zu erhalten. Zunächst erläuterte Jonathan
Griffiths in seinem Vortrag "kosmos agêrôs kai anosos: The Indestructibility of
the World in Plato's Timaeus" seine Erkenntnisse zur Kosmologie im platonischen
Timaios, wobei er sich vor allem auf
die kosmogonischen Passagen und deren Auswirkungen für die platonische
Philosophie konzentrierte. Geradezu entgegengesetzt in Sprache und Zeit
fokussierte Dominic Bärsch in seinem Vortrag "To Pray or not to Pray for the
End – Tertullian’s Statements about the End of the World" den christlichen,
lateinischen Apologeten Tertullian, der sich in seinen Werken mit Blick auf den
Rezipientenkreis entweder dafür ausspricht, für einen Aufschub des
Weltuntergangs oder für ein baldiges Eintreten dieser komischen Katastrophe zu
beten. Die folgende Diskussion – wie die Tagung generell – brachte wertvolle
Anregungen, nicht nur zu diesem, sondern zu den verschiedensten Teilen seiner
Forschung.
Das zweite Großpanel der
Konferenz mit dem Titel "Roman prophets and world history" bestritt zunächst
Katharina Volk (New York) und setzte sich in ihrem Vortrag "Not the End of the
World? Omens and Prophecies at the Fall of the Roman Republic" mit der
spätrepublikanischen Literatur und der Interpretation verschiedener Omina und
deren Bezug auf den römischen Bürgerkrieg auseinander. Passend dazu folgte ihr
Alessandro Schiesaro (Manchester), dessen Vortrag "Virgil’s underworld between
Lucretius and Freud" vor allem die Passagen zum Weltuntergang in Lukrezens De rerum natura thematisierten, die ein
Herzstück der römisch-apokalyptischen Literatur darstellen. Mit einem Schritt
hin zur augusteischen Literatur rundete schließlich Elena Giusti (Cambridge)
mit ihrem Vortrag "The End is the Beginning is the End: Apocalyptic Beginnings
in Augustan Poetry" ab. Die augusteischen Dichter, in ihrem Bestreben das imperium sine fine der augusteischen
Ideologie literarisch abzubilden, imaginierten den Weltuntergang als eine
Katastrophe, die in Form des Bürgerkrieges bereits eingetreten sei und aus der
sich wiederum das neue "goldene Zeitalter" erhebe, in dem sie nun selbst
lebten.
Am Freitagnachmittag wurden dann im Panel
"Revelations of individual and universal destiny" besonders Fragen zu antiken
Vorstellungen von Individualeschatologien aufgeworfen. Zu diesem Themenkomplex
präsentierte zunächst Christoph Riedweg (Zürich) in seinem Vortrag "Pythagorean
ideas about the afterlife" Aspekte der pythagoreischen Seelenlehre, die nach
wie vor schwer zu rekonstruieren ist. Ergänzend dazu beschäftigte sich Alex
Long (St. Andrews) in seinem Vortrag "Platonic myths, the soul and its
intra-cosmic future" mit der platonischen Seelenlehre, wobei in der Diskussion
der beiden Vorträge spannende Erkenntnisse zu Überlappungen und Differenzen der
Konzepte konstatiert wurden. In die lateinische Literatur führten dagegen
wieder die Vorträge von Francesca Romana Berno (Rom) "Apocalypse is everyday. Lucretius,
Nero, and the End of the World in Seneca" sowie von Katharine Earnshaw (Exeter)
"Lucanian eschatology: from bones to the stars", die den Blick auf die
neronische Literatur richteten. Sowohl Seneca als auch Lucan präsentieren
gewaltige Imaginationen des Weltendes, die jeweils eine besondere Funktion im
Kontext ihrer Werke erfüllen.
Der die Konferenz abschließende
Samstag war schließlich auf das Thema "Influence on Christian thought"
ausgerichtet, wobei sich lediglich Catherine Pickstock (Cambridge) mit ihrem
Vortrag "Christian apocalypse as a version of Platonic philosophy" diesem
komplexen Bereich widmete. In der anschließenden Diskussion wurden jedoch
spannende Fragen zum Thema der Rezeption und Adaptation paganer Konzepte
angeschnitten. Den letzten Vortrag der Konferenz mit dem Titel "Last Laughs"
bestritt schließlich Rebecca Lämmle, die sich mit den Totengesprächen Lucians und dessen Rezeption früherer
Unterweltsnarrative auseinandersetzte, wobei im Anschluss ausgiebig darüber
diskutiert wurde, inwieweit die fiktiven Dialoge zwischen den Toten eine
pessimistische Anschauung zu Leben und Tod transportierten.
Die abrundende Abschlussdiskussion rief noch einmal die eingangs diskutierten Fragen auf, wobei schnell klar wurde, dass in bestimmten Teilen der antiken Literatur eindeutig ein "apokalyptischer Diskurs" zu erkennen ist, der besonders in Zeiten von Krisen und Katastrophen aufgerufen wird. Kontextuell ist dieser stets eingebettet und wird nie abstrahiert dargestellt, etwa in einer reinen Theorie des Weltuntergangs.
An dieser Stelle sei einerseits besonders den Veranstaltern des Craven Seminars Helen Van Noorden und Richard Hunter gedankt, die es mir ermöglichten, an dieser gewinnbringenden und anspruchsvollen Tagung teilzunehmen. Andererseits sei auch dem Graduiertenkolleg 1876 gedankt, das die finanzielle Unterstützung bereitgestellt hat, um diese Teilnahme zu ermöglichen.
Die abrundende Abschlussdiskussion rief noch einmal die eingangs diskutierten Fragen auf, wobei schnell klar wurde, dass in bestimmten Teilen der antiken Literatur eindeutig ein "apokalyptischer Diskurs" zu erkennen ist, der besonders in Zeiten von Krisen und Katastrophen aufgerufen wird. Kontextuell ist dieser stets eingebettet und wird nie abstrahiert dargestellt, etwa in einer reinen Theorie des Weltuntergangs.
An dieser Stelle sei einerseits besonders den Veranstaltern des Craven Seminars Helen Van Noorden und Richard Hunter gedankt, die es mir ermöglichten, an dieser gewinnbringenden und anspruchsvollen Tagung teilzunehmen. Andererseits sei auch dem Graduiertenkolleg 1876 gedankt, das die finanzielle Unterstützung bereitgestellt hat, um diese Teilnahme zu ermöglichen.
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