Projektvorstellung "Die Entwicklung einer 'theoretischen Pharmakologie' im 13. Jahrhundert" - Ein Vortrag von Dr. Iolanda Ventura (CNRS Orléans)

Ein Beitrag von Sarah Prause.

Am Donnerstag, den 7. Juli 2016 durften wir im Rahmen unserer Plenumssitzung Frau Dr. Iolanda Ventura aus Orléans begrüßen. Frau Ventura ist dem Graduiertenkolleg bereits gut bekannt, da sie während des Wintersemesters 2014/2015 als Gastwissenschaftlerin hier tätig war. Während dieser Zeit – und seitdem auch darüber hinaus – stand und steht sie uns Doktoranden stets mit Rat und Tat zur Seite. Und so freuten wir uns umso mehr, sie nun wieder in unserer Runde persönlich begrüßen zu dürfen und etwas über ihr Habilitationsprojekt erfahren zu können.

In ihrem Vortrag be- und unterrichtete Frau Ventura uns über die Entwicklung ihres Projektes zur mittelalterlichen Pharmakologie.
 

Von der "Entwicklung einer theoretischen Pharmakologie" ...


Iolanda Ventura hat sich während ihrer wissenschaftlichen Karriere mit vielen verschiedenen Forschungsrichtungen auseinandergesetzt und unterschiedliche Forschungsinteressen entwickelt. Unter anderem haben verschiedene Handschriften zur mittelalterlichen Pharmazie ihr Interesse geweckt. Mit deren Hilfe möchte Frau Ventura die Phasen der theoretischen Pharmakologie vom 13. bis 14. Jahrhundert erarbeiten. Um diese Phasen aufzeigen zu können, stellte sie zunächst alle ihr zur Verfügung stehenden Texte bzw. Handschriften zusammen und wertete diese aus. Darunter befanden sich sowohl Texte zur mittelalterlichen Pharmazie, die der Forschung bereits bekannt waren, als auch bisher noch wenig bis gar nicht beachtete Texte. Dabei handelt es sich unter anderem um Werke wie Avicennas "Liber canonis" oder das sogenannte "Corpus des Pseudo-Mesue" oder die von Ibn Wafid im 11. Jahrhundert verfasste Arzneimittellehre "Pseudo-Serapion". Es werden aber auch die akademischen Kommentare, die zu einigen medizinischen Schriften verfasst wurden, von Frau Ventura in ihrer Arbeit berücksichtigt.
 

... zur "Revolution der Pharmakologie im 13. Jahrhundert"


Während ihrer Beschäftigung mit den verschiedenen Texten stellte Frau Ventura fest, dass die Entwicklung der mittelalterlichen Pharmakologie sehr viel komplexer zu sein scheint als zunächst gedacht. Die Pharmakologie wurde während des 13. Jahrhunderts Teil einer akademischen Debatte, in der die Eigenschaften der Heilmittel, die Natur der Composita (Heilmittel aus mehreren einzeln Wirkstoffen) sowie deren Verwendung heftig diskutiert wurden.

Die untersuchten Texte unterscheiden sich bereits hinsichtlich ihres Niveaus. Es handelt sich dabei nicht nur um Texte für die Praxis, etwa für Apotheker, sondern auch um Texte beispielsweise für Ärzte an Universitäten. Gerade in letzteren könne man beobachten, so Frau Ventura, dass beispielsweise die Wirkung von Pflanzen sehr viel sachlicher und komplizierter erklärt sei als in anderen Texten.

Diese Erkenntnis veranlasste Frau Ventura dazu, die Struktur ihres Forschungsprojektes neu zu überdenken. Nun steht nicht mehr das Aufzeigen einer reinen Entwicklung der mittelalterlichen Pharmakologie im Vordergrund ihres Projekts, sondern die Revolution ebendieser im 13. Jahrhundert.

Darüber hinaus finden sich innerhalb der verschiedenen Texte wichtige Hinweise auf eine Rezeption von Erkenntnissen verschiedener Kulturen untereinander. Dies deutet auf einen bestehenden kulturellen Dialog in Zusammenhang mit der oben aufgezeigten Debatte um Entwicklung und Revolution der mittelalterlichen Pharmakologie hin. Entwicklung und Revolution der Pharmakologie lebt damit vom Austausch der Kulturen.

Frau Ventura hat es sich nun zur Aufgabe gemacht diese Texte nach Inhalt, Übersetzungen, handschriftlicher Überlieferung sowie Fragen und Problemen ihrer Geschichte zu bearbeiten. Ziel der Untersuchung soll sein, herauszufinden, auf welche Weise Pharmakologie schriftliche vermittelt wurde und welche (unterschiedlichen) Beiträge die verschiedenen Texte zu dieser Rezeption leisteten.

Auf die weitere Entwicklung ihres Projektes mit neuen Entdeckungen sowie das Ergebnis dürfen wir weiterhin sehr gespannt sein. Wir wünschen Frau Ventura alles Gute und hoffen, sie bald wieder bei uns begrüßen zu dürfen.

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